Wissenswertes über Nutztiere

Hier möchten wir Ihnen wissenswerte Fakten über Nutztiere präsentieren. Leider haben wir mit unseren wunderbaren Schützlingen immer so viel um die Ohren, dass weniger dringende "Fälle" erst später an die Reihe kommen. Aber versprochen, wir arbeiten daran und bald wissen Sie, warum die Redensart "Dummes Schwein" einfach falsch ist. Uns ist noch keins untergekommen, davon können Sie sich gerne auch bei den Patentreffen mit unseren Schützlingen überzeugen.

Wer Schweinefleisch isst, sollte diesen Bericht lesen...


Am 20.07. nahmen wir acht Sauen in unserer Pflegestelle Erflinghausen im Hochsauerland auf und bewahrten sie damit vor der Schlachtung bei Tönnies. Zuchtsauen sind wirklich die Ärmsten der Armen, denn sie werden im Grunde behandelt wie Maschinen. Bereits im Alter von sechs Monaten besamt man sie zum ersten Mal, dann werden sie für drei Tage im Kastenstand eingesperrt, um die Trächtigkeit sicherzustellen. Anschließend beginnt noch eine für sie vergleichsweise angenehme Zeit, sie dürfen theoretisch bis kurz vor der Geburt der Ferkel frei auf den Betonspaltenbodengängen zwischen ihren Schlafbuchten aus Metall herumlaufen. Das tun sie aber nicht, weil der Platz zwischen den Kastenständen viel zu knapp ist, als dass sich alle Sauen gleichzeitig dort bewegen könnten. Die allermeisten Tiere liegen deshalb nur apathisch in den Kastenständen.

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Begegnen sich doch Sauen auf dem Gang, kommt es oft zu aggressiven Verhaltensweisen. Kein Wunder, denn hier fristen insgesamt fast 350 Zuchtsauen ihr Dasein, auf zwei Räume verteilt in sieben Gruppen von je 42 Tieren. Ständig gibt es im Stall ein „Kettenkonzert“ – die Sauen kauen auf Eisenketten herum, die das einzige Beschäftigungsmaterial zumindest in diesem Stall darstellen. Und der gilt übrigens als Vorzeigebetrieb. Nach drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen bringt jede Sau durchschnittlich 16 Ferkel zur Welt. Eine Woche vor dem Geburtstermin werden die Sauen in den Ferkelkörben (auch eiserne Jungfrau genannt) eingesperrt. Darin können sie nur stehen oder liegen, sich drehen ist unmöglich. Die massive Bewegungseinschränkung für die armen Muttersauen soll verhindern, dass Ferkel erdrückt werden. Es passiert aber trotzdem. Wir wissen, dass meistens 20% der Ferkel die ersten 14 Tage nach der Geburt nicht überleben. Nicht alle werden erdrückt, viele werden auch mit Deformierungen geboren, z.B. ohne Füße oder mit einer offenen Schädeldecke. Das liegt an der fürchterlichen Überzüchtung von Hybridschweinen, um immer noch mehr Leistung aus den Tieren herauszupressen. Aber dieser Verlust ist einkalkuliert, betriebswirtschaftlich gilt eine Sterberate von 15% der Ferkel als „optimal“. Gar nicht selten kommt es auch vor, dass nicht lebensfähige Ferkel im Geburtskanal stecken bleiben. Wenn die Sauen Glück haben, schafft ihr Körper es, sie noch tot zu gebären, wenn sich jemand die Arbeit macht, mit den Sauen stundenlang durch den Stall zu laufen und sie Medikamente (Wehenförderer) bekommen. Wenn ein totes Ferkel im Geburtskanal verbleibt, stirbt die Muttersau qualvoll an dem inneren Verwesungsprozess.

Schweinevermehrer haben Medikamente im Stall und behandeln die Schweine normalerweise auch gewissenhaft, weil sie natürlich mit im Betrieb gestorbenen Tieren keine Gewinne machen können. Sie wollen die Tiere im transportfähigen Zustand auf den LKW zum Schlachthof schicken. Aber dass im Akutfall ein Tierarzt zur Behandlung hinzugerufen wird, z.B. um ein totes Ferkel aus dem Geburtskanal zu holen, kommt aus Kostengründen praktisch nicht vor. Schon gar nicht wird ein Tierarzt geholt, um nicht lebensfähige Ferkel zu erlösen, Die „Erlösung“ findet manchmal durch einen Hieb auf den Kopf mit einer Eisenstange durch den Schweinebauern statt. Meistens aber müssen behinderte Ferkel , die es nicht schaffen, bei der Mutter zu trinken, verhungern. Im Alter von drei Tagen werden die Ferkel der Mutter zum ersten Mal weggenommen. Sie muss im Ferkelkorb eingesperrt mit ansehen, wie ihre männlichen Kinder kastriert und allen Ferkeln die Schwänze kupiert werden. Unglaublicher Stress für die Muttersau und ihre Kleinen. Auch Ohrmarken werden im Alter von drei Tagen eingezogen und vorsorglich ein Antibiotikum und Eisenpräparat gespritzt.

Die Ferkel werden für die Kastration zwar mit einem Gas (Isofluran) betäubt, aber sie fürchten sich davor, ihren Kopf in den Trichter zu stecken, so dass mindestens zwei von 10 Eberchen die Kastration hellwach erleben. Und anschließend schreien sie vor Schmerzen, wenn sie wieder bei ihrer Mutter sind, was diese natürlich furchtbar beunruhigt. Die Ferkel bleiben vier Wochen lang bei ihrer Mutter, in dieser Zeit ist sie immer in dem Ferkelkorb eingesperrt, insgesamt also fünf Wochen. Sie kann sich um ihre Kinder nicht richtig kümmern, weil sie sich ja in dem Ferkelkorb nicht einmal umdrehen kann. Oft sind die Mütter deshalb unruhig, stehen immer wieder auf, um zu sehen, was ihre Ferkel machen, denn es ist schlimm für sie, keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen zu können. Eine gute Schweinemutter aus Sicht des Vermehrers ist aber ein apathisches Muttertier, das psychisch am Ende ist und nur noch depressiv fast regungslos im Ferkelkorb liegt. Denn dann ist die Gefahr, ein Ferkel zu erdrücken, natürlich am geringsten. Nach fünf Wochen wird die eiserne Jungfrau aufgemacht, 42 Muttersauen stehen auf und dürfen zum ersten Mal nach 35 Tagen wieder ein paar Schritte laufen, oft grätschen sie dann erst einmal aus und wanken zurück in den Gruppenbereich. Erst wenn die Tür hinter ihnen zufällt, realisieren sie, dass ihnen ihre Ferkel weggenommen wurden. Da es 42 Tiere auf einmal betrifft, entsteht eine Art Massenpanik mit unvorstellbarem Geschrei. Die Trennung ist für Ferkel und Mütter höchst traumatisch und für die Mütter auch körperlich schmerzhaft, weil ihre Euter natürlich noch prall mit Milch gefüllt sind. Schmerzmittel gegen den Milchstau werden nicht gegeben.

Die Ferkel bekommen dann noch einmal Antibiotikum gespritzt und kommen in einen separaten Aufzuchtbereich des Betriebes, das sog. Ferkelflatdeck. Nach weiteren sechs Wochen werden sie an einen Mäster verkauft. Die traumatisierten Muttersauen werden sofort mit einem aus dem Urin trächtiger Pferdestuten gewonnenen Hormon gespritzt, dadurch werden sie nach kurzer Zeit wieder alle gleichzeitig rauschig. Auch Pferde müssen entsetzlich für die Herstellung dieses Präparates leiden, die meisten dieser Farmen, auf denen die Pferde in der Regel immer angebunden in kleinen Ständern gehalten werden, befinden sich in Südamerika. Sogleich erfolgt dann die nächste Besamung und der traurige Kreislauf beginnt erneut. Jede Sau bekommt also zweimal im Jahr Ferkel, statistisch sind es „2,5 Würfe“. Je nach ihren Muttereigenschaften, die die Natur völlig anders bewerten würde, wird eine Zuchtsau meistens vier und allerhöchstens acht Jahre alt, bevor sie nicht mehr genug lebende Ferkel zur Welt bringt und dem Vermehrer bei der Schlachtung noch 250 € einbringt. In der Regel werden die Sauen sofort nach der abrupten Trennung von ihren Kindern zur Schlachtung aussortiert. Sie kommen dann bis zur Abholung mit Sauen aus anderen Gruppen zusammen in eine große Bucht, wo es oft auch noch zu Rangkämpfen kommt.

Fast alle dieser ausgebeuteten Muttersauen enden also mit furchtbaren Milchstauschmerzen, Bissverletzungen und der Sorge, was wohl aus ihren Kindern geworden ist, nach einem oft achtstündigen Transport in der CO2-Betäubungskammer, wo sie noch zwei Minuten lang Panikattacken und Erstickungsanfälle erdulden müssen, bevor Bewusstlosigkeit ihrem jahrelangen Martyrium endlich ein Ende setzt. Die früher praktizierte Betäubung mit Bolzenschuss oder Elektrozange wirkte zumindest sofort, barg aber natürlich Gefahren für die Arbeiter im Schlachthof. Feige, nicht mal dieses Risiko war die Fleischindustrie bereit zu tragen, lässt lieber die Tiere noch mehr leiden.

Übrigens ist der Schlachtvorgang bei Schweinen aus „Bio-Haltung“ derselbe, sie werden allerdings normalerweise gleich nach der Ankunft frühmorgens geschlachtet und ihr Transportweg zum Schlachthof ist meist kürzer. Annalena und ihre Gefährtinnen hatten Glück und dürfen nun in unserer Pflegestelle Erflinghausen einen Lebensabend auf Stroh in einem lichtdurchfluteten Stall verbringen. Vom Stall aus können sie den Himmel sehen und im Auslauf die Sonne auf ihrer Haut spüren. Es ist schwierig, Muttersauen vor der Schlachtung freizukaufen, da die Betriebe abgeschottet sind. Annalena, Blue, Joy, Nuria, Pinkey, Rosalind, Sam und Spikey verdanken ihre Rettung einer unglaublich engagierten und resilienten Veganerin, die das Vertrauen des Betreibers von einem Sauenbetrieb hat. Sie ist regelmäßig im Betrieb und darf Lebensplätze für „ausgediente“ Sauen und nicht für die Mast taugliche Ferkel suchen.

Ihre Arbeit verdient den allerhöchsten Respekt und solche Rettungsschleusen sind sehr gefährdet, zu versiegen, weil die Betriebe Angst vor militanten Tierschützern haben. Deshalb schreiben wir hier auch nichts weiter über die Herkunft der acht glücklichen Schweinedamen, die natürlich jetzt alle Paten suchen!

Wenn Sie eine Patenschaft übernehmen möchten, finden Sie Fotos von ihnen und weiteren geretteten Schweinen unter dem Button „Unsere Schützlinge“ (Pflegestelle Meschede).

Für Leseratten und Wissenshungrige

Regelmäßig veröffentlicht die Heinrich-Böll-Stiftung unter anderem den Felischatlas. Aber es gibt noch mehr Interessantes und Unterhaltsames auf der Webseite zu entdecken. Beispielsweise Animationsfilme zur Tierhaltung. Schaut ruhig mal auf der Homepage der Heinrich-Böll-Stiftung vorbei.